Ernst-Bloch-Preis

Anlässlich des 100. Geburtstags von Ernst Bloch im Jahre 1985 wurde im Andenken und zur Ehrung seines Werkes der Ernst-Bloch-Preis (Hauptpreis und Förderpreis) gestiftet, der im dreijährigen Turnus vergeben wird.

Ernst-Bloch-Preis 2021

Erstmals in der Geschichte des Ernst-Bloch-Preises werden zwei Preisträgerinnen ausgezeichnet: Den Hauptpreis erhält Dr. Mithu M. Sanyal, Autorin, Journalistin und Kulturwissenschaftlerin aus Düsseldorf, die nach zahlreichen journalistischen Beiträgen und wissenschaftlichen Publikationen derzeit mit ihrem Roman "Identitti“ festgefahrene gesellschaftliche Strukturen durch treffsichere Fragestellungen in ein neues Licht rückt.

Den Förderpreis vergibt die Stadt Ludwigshafen am Rhein an die Kulturwissenschaftlerin und Philosophin Dr. Hanna Engelmeier, die in ihrem ersten und jüngst erschienenen literarischen Werk "Trost. Vier Übungen“ verschiedene Genres miteinander verschmelzen lässt.

In einer zweitägigen Sitzung im Ernst-Bloch-Zentrum diskutierte die Jury, bestehend aus Amna Franzke (Verantwortliche Redakteurin bei ZEIT ONLINE), Prof. Dr. Eva Geulen (Direktorin des Leibniz-Zentrums für Literatur- und Kulturforschung Berlin) und Hubert Spiegel (Deutschland-Korrespondent im Feuilleton der F.A.Z.), über zahlreiche Bewerbungen und Nominierungen aus den Bereichen Philosophie, Literatur und Wissenschaft.

Nach einer pandemiebedingten Verschiebung im letzten Jahr fand der Festakt zur Verleihung des Ernst-Bloch-Preises 2021 nun am 15. September 2022 im Ernst-Bloch-Zentrum statt. Einen Tag später, am 16. September, traten die Preisträgerinnen bei einer moderierten Lesung erneut im Ernst-Bloch-Zentrum auf.

Hauptpreis 2021

Die Autorin, Journalistin und Kulturwissenschaftlerin Dr. Mithu Melanie Sanyal ist 1971 in Düsseldorf geboren und dort aufgewachsen. Ihre Mutter stammt aus Polen, ihr Vater aus Indien. Sanyals Themenschwerpunkte sind Feminismus, Rassismus, Identitätspolitik, Popkultur und Postkolonialismus. Sie arbeitet für verschiedene Radiosender und Zeitungen, u.a. für den Bayerischen Rundfunk, den Südwestrundfunk, den Deutschlandfunk, „Die Zeit“. Sie hat eine regelmäßige Kolumne in der „tageszeitung“ und ist zudem für die Bundeszentrale für Politische Bildung tätig. Darüber hinaus ist sie Lehrbeauftragte an verschiedenen Universitäten, darunter die Ruhr Universität Bochum, die Leuphana Universität Lüneburg und die Hochschule Merseburg. Für ihre Hörspiele und Features im WDR erhielt sie bereits dreimal den Dietrich Oppenberg Medienpreis der Stiftung Lesen.
Mithu M. Sanyal studierte deutsche und englische Literatur an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, wo sie über die Kulturgeschichte des weiblichen Genitals promovierte. Aus ihrer Doktorarbeit entstand das Sachbuch „Vulva. Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts“, das 2009 im Wagenbach Verlag erschien und mehrfach wiederaufgelegt wurde. Neben zahlreichen Beiträgen in Sammelbänden sowie in Print- und sonstigen Medien erschien 2016 ihre Studie „Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens“ in der Edition Nautilus (mehrere Wiederauflagen). Die Übersetzung ins Englische wurde mit dem Preis „Geisteswissenschaften international“ der Fritz Thyssen Stiftung, der VG Wort, des Börsenverein des Deutschen Buchhandels und des Auswärtigen Amtes gefördert. Im Jahr 2021 veröffentlichte Sanyal schließlich mit „Identitti“ (Hanser Verlag) ihren ersten Roman, der von der Literaturkritik sehr positiv aufgenommen wurde.

Begründung der Jury:
Mithu Sanyal wirft sich in die Debatten. Mit großer Souveränität, Originalität und Witz lotet sie in ihrem Romandebüt „Identitti“ Konstrukte wie Identität, Sexualität und Rassismus aus. Sie hinterfragt etablierte kulturelle Muster und lässt ihre Figuren virtuos Theorie verhandeln.
In ihrer kulturwissenschaftlichen Arbeit „Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens“ analysiert sie, wie Geschlechterkategorien und Rassismus den Vergewaltigungsbegriff prägen. Bereits 2016 erschienen lieferte sie damit ein wichtiges Buch, das nach Metoo nicht den Eingang in den Diskurs fand, den es verdient hätte. Mithu Sanyals Werk leistet einen wichtigen Beitrag zu einigen der brisantesten Fragen unserer Zeit. Ihr literarisches und wissenschaftliches Schreiben ist pointiert, scharfsinnig und mutig.

Förderpreis 2021

Dr. Hanna Engelmeier, geboren 1983 in Münster, arbeitet seit 2018 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Kulturwissenschaftlichen Institut Essen. Ihr Buch „Trost. Vier Übungen“, auf das sich die Jury mit ihrer Wahl hauptsächlich bezieht, erschien 2021 beim Verlag Matthes & Seitz Berlin. Hanna Engelmeier studierte Kulturwissenschaft und Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und promovierte dort 2014 mit einer Arbeit über die Geschichte der deutschen Anthropologie zur Zeit der frühen Darwin-Rezeption. Sie war Postdoktorandin und wissenschaftliche Koordinatorin im Forschungskolleg „Schreibszene Frankfurt. Poetik, Publizistik und Performanz von Gegenwartsliteratur“ sowie Research Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften in Wien. Essays und Rezensionen publizierte sie zuletzt unter anderem in „Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken“, der „tageszeitung“, der Zeitschrift „Sprache im technischen Zeitalter“ und in der „Süddeutschen Zeitung“.

Begründung der Jury:
Hanna Engelmeier hat das Aufkommen neuer literarischer Genres wie Autofiktion und Memoir verfolgt und aufgenommen, um daraus etwas Neues und Eigenes zu gestalten. „Trost. Vier Übungen“ lautet der Titel ihres bemerkenswerten Prosadebüts. Es handelt sich um ein essayistisches, persönliches Buch, das autobiographische Mosaiksteinchen mit Lesefrüchten von Rilke bis Adorno, von Mark Twain bis Eileen Myles verbindet, theoretisch fasst und dabei auf ertragreichen Umwegen das Ziel verfolgt, die literaturwissenschaftlich vernachlässigte und oft abgewertete Kategorie des Trostes zu rehabilitieren und neu zu bestimmen. Hanna Engelmeier ist eine Kulturwissenschaftlerin, die ausgetretene Pfade zu meiden weiß und durch ihren ungewöhnlichen Tonfall überzeugt.

Über den Ernst-Bloch-Preis

Mit dem Ernst-Bloch-Preis zeichnet die Stadt Ludwigshafen am Rhein herausragendes wissenschaftliches oder literarisches Schaffen mit philosophischer Grundhaltung aus, das für unsere Kultur in kritischer Auseinandersetzung mit der Gegenwart bedeutsam ist.

Den Förderpreis vergibt die Stadt Ludwigshafen am Rhein zur Förderung einer jüngeren Autorin oder eines jüngeren Autors, von dem oder der aufgrund der bisherigen Leistung weitere qualifizierte wissenschaftliche oder literarische Arbeiten zu erwarten sind. (Auszug aus den Richtlinien)

Mit dem Hauptpreis ist eine finanzielle Zuwendung i.H. von 10.000 Euro verbunden, beim Förderpreis sind es 2.500 Euro.

Es können Kandidatinnen und Kandidaten mit veröffentlichten und unveröffentlichten Arbeiten vorgeschlagen werden. Eigenbewerbungen sind möglich.

Über die Verleihung des Preises entscheidet auf Vorschlag der Jury ein Beirat, welchem u.a. die Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen am Rhein, die Kulturdezernentin sowie Mitglieder der im Rat der Stadt Ludwigshafen am Rhein vertretenen Fraktionen angehören. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.